Vereinbarkeit. Ver-ein-bar-keit. Ein großes Wort. Ein schwieriges Wort.
Meist bezeichnet es den Spagat zwischen Elternschaft und Berufsausübung- oder wie eben in meinem Fall: den Spagat zwischen Mama sein und Vollzeitstudium.
Ich studiere in meinem letzten Bachelorsemester, im dritten Semester wurde Leo geboren und im sechsten kam dann Cecilia dazu. In der Regelstudienzeit bin ich also schon mal nicht mehr.
Die Frage nach der Vereinbarkeit lässt sich nicht pauschal beantworten. Es gibt Tage, da tanzt man förmlich durch den Tag, die Kinder schlafen gut und sind fröhlich,. To-Do Listen werden im Akkord abgearbeitet. Du schaffst Dein Lernpensum, triffst eine Freundin zum Kaffee und kochst dann abends noch ein tolles Essen für Deine Familie. Solche Tage bezeichne ich gern als rosa-Zuckerwolken Tage. Sie sind wunderbar- und leider nicht ganz so häufig. Die meisten Tage fühlen sich eher so an wie ein Wettlauf gegen die Zeit. Einkaufen, Wäsche, Geschenke besorgen, zum Praktikum rennen, Leo abholen. Windeln brauchen wir auch noch. Und WANN soll ich nur lernen? Abends fühlt sich mein Gehirn an wie eine riesige Matsch-Pfütze (so eine in die Peppa Wutz gern springen würde).
Mein Mental-Load erreicht regelmäßig Höchstwerte.
Studium und Kind(er) ist das also überhaupt möglich? Eine Frage, die sich mir regelmäßig stellt- und zwar immer dann, wenn ich an meine Grenzen stoße. In der Prüfungszeit, oder wenn ich ein Seminar verschieben muss, weil Cecilia ohne mich einfach nicht klar kommt. Wenn die Kinder krank werden, der Mann selbst in Arbeit versinkt und wenn ich mir ein falsches Datum für eine Prüfung eintrage.
(So geschehen letzte Woche.)
Eines ist ganz klar, je größer die Familie, desto mehr Faktoren beeinflussen den Studienerfolg (und die Studiendauer). Als ich noch keine Kinder hatte, waren meine einzigen Sorgen: „Was esse ich beim lernen? Wann fange ich an? Womit fange ich an? Und welches gemütliche Lernoutfit ziehe ich heute an?“
Jetzt ist das Ganze weit aus komplizierter. Aber irgendwie hab ich früher nicht effektiver gearbeitet als heute. Durch die Zeitnot bin ich in zwei Stunden fleißiger als früher an einem ganzen Tag.
Es bringt also durchaus auch Vorteile mit sich, dieses #studierenmitkindern :).
„Netflix und chill“ sind zur Zeit allerdings Fremdworte für mich, genauso wie einfach „so aus Spaß lesen“ oder einfach nur in den Tag leben.
Warum ich es trotzdem mache und sogar weiterempfehle?
Ich glaube an Lebenslanges Lernen, und wenn ich nicht studieren würde, würde ich bestimmt japanisch oder programmieren lernen. Ich bin überzeugt davon, dass auch die Kinder davon profitieren, dass ich studiere.
Ein Studium ist flexibler als eine Festanstellung. Prüfungen kann man zur größten Not mal schieben. Seminare finden regelmäßig statt. Außer meinem eigenen Anspruch fertig zu werden, sitzt mir niemand im Nacken. Ich habe also trotzdem viel super viel Zeit für die Kinder und kann mein Bedürfnis nach Bildung und Selbstverwirklichung stillen.
Außerdem möchte ich für meine Kinder ein Vorbild sein. Sie sollen sehen, dass man gesteckte Ziele erreichen kann, auch wenn es mal schwierige Zeiten gibt. Aufgeben ist hier keine Option.
Es geht hier bergauf und bergab. Das wichtigste ist, aushalten zu können, dass man nie nur auf einer Hochzeit tanzt.
Eine Studenten-Mama erfüllt mehrere Rollen parallel. Manches bleibt dabei auf der Strecke.
In Prüfungszeiten sieht unsere Wohnung regelmäßig aus wie ein Schlachtfeld, Pizza und Nudeln dominieren unseren Speiseplan. Ich antworte mit Verspätung auf Whatsapp-Nachrichten und vergesse wichtige Dinge. Ich werde höchstwahrscheinlich nie die beste Studentin mit Einser-Durchschnitt sein und genau so wenig die perfekte Pinterest-Mama, die krasse Frühstückteller- Kunstwerke produziert, bei denen selbst Picasso vor Neid erblassen würde.
Und das ist voll Ok.
Die Frage nach der Vereinbarkeit würde ich also wie folgt beantworten: „Ich bin Mama und Studentin. Beides aus vollstem Herzen. Manchmal klappt es besser, machmal schlechter. Ohne Unterstützung wäre es nicht möglich, man muss Abstriche machen, aber ich bin überzeugt davon, dass man es schaffen kann- und das es sich absolut lohnt.“
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